„Das einfache Leben. Wie würde es für Dich aussehen?“, fragt Claudia in der achten Frage ihrer 60-Fragen-Challenge. Bunt ist meine spontane Antwort. Auch das einfache Leben muss bunt sein, damit es mir gefällt. Was bedeutet das einfache Leben überhaupt? Und vor allen Dingen was ist für mich ein einfaches Leben?
Rhythmen und Rituale machen mir mein Leben einfacher. Ich habe eine kleine, feine Morgenroutine, die mir den Start in den Tag erleichtert. Danach schreibe ich meistens meine Morgenseiten. Auch dafür habe ich eine Routine. Ich schreibe meistens zwei Seiten frei und auf der dritten Seite beantworte ich mir Fragen von einer Karteikarte für den Tag. Es sind immer dieselben Fragen.
Meine Spaziergangsroutine ist ein wenig durcheinander gekommen, seit es so früh dunkel wird. Heute habe ich am frühen Nachmittag einen sehr ausgedehnten Spaziergang gemacht. Vielleicht werde ich das als meine Herbst- und Winterspaziergangsroutine etablieren. Zum Tagesabschluss meditiere ich sieben Minuten und schreibe in mein Dankbarkeitstagebuch.
Diese Routinen helfen mir, meinen Tag zu strukturieren und machen mir mein Leben einfacher. Das ist also ein einfaches Leben auf der täglichen Ebene für mich: selbst gestaltet mit Routinen die mir gut tun. Manchmal ist dieses Selbstgestalten aber alles andere als einfach. Da kann es einfacher sein, sich in die von anderen gemachten Strukturen zu fügen und denen zu folgen.
Das ist mir so gegangen, als ich Anfang dieses Jahres in einer psychiatrischen Fachklinik war. Da habe ich einen Wochenplan bekommen und als es mir ein bisschen besser ging, einfach gemacht, was auf meinem Plan stand. Eins nach dem anderen. Als es mir noch nicht so gut ging, habe ich auch gemacht, was auf dem Plan stand, aber es war nicht so einfach. Was ein einfaches Leben ist, ist also auf jeden Fall auch lebenssituationsabhängig.
Bunt muss es immer sein. Egal in welcher Lebenssituation. Was meine ich mit bunt? Auf jeden Fall auch farbenfroh. Rote Fingernägel, pinke T-Shirts, ein rotes Sofa, eine grassgrüne Küche und zur Tulpenzeit üppige Tulpensträuße in zwei Farben. Bunt heißt aber auch, dass neben den Routinen noch genug Raum ist für Ideen, Veränderung, liebe Menschen und Kreativität.
Allerdings merke ich, dass meiner Kreativität der Rahmen mit den Routinen gut tut. Eine wöchentliche Kurzgeschichte zu schreiben, ist mittlerweile auch zu einer Routine geworden. Trotzdem wird jede Geschichte anders. Und gerade dieses wöchentliche Schreiben macht mir mein Leben einfacher. Ich weiß genau, dass ich eine Geschichte schreiben will.
Genau zu wissen, was das Ziel ist, macht das Leben auch einfach. Denn dann ist es einfach, Entscheidungen zu treffen. Die Entscheidungen kosten auch nicht viel Zeit, weil die eine Entscheidung an der ich mich orientieren kann, schon gefallen ist. Bei mir ist es zur Zeit die Entscheidung, 52 Kurzgeschichten in 52 Wochen zu schreiben. Dieses Projekt strukturiert gerade mein Leben und macht es mir einfach.
Das einfache Leben bedeutet also für mich, dass ich mir meine Tage mit Routinen selbst gestalten kann. Dass mir ein Jahresprojekt mein Leben strukturiert und mir Entscheidungen einfach macht. Dass meine Routinen und meine Struktur meine Kreativität fördern und bei allen Strukturen und Routinen noch genug Raum für alles bleibt, was mir das Leben bunt macht.