Gespannt und voller Vorfreude bin ich in den NaNoWriMo 2018 mit der extra Krimi-Noir-Reise-Challenge gestartet. Ich habe elf tolle Krimis gelesen und Kriminerds in Berlin, Hannover, Bremen und Hamburg zugehört, widersprochen und zugestimmt. Ich habe in verschiedenen Zügen, der Hotel Lobby des Adlon und ganz viel an meinem Schreibtisch geschrieben. Auf allen Vieren durchs Wort-Ziel gekrochen bin ich am 30. November 2018. Jetzt habe ich zum ersten Mal den entstandenen Text gelesen.
Ich war im gespannt, wie die Bücher und die Reisen meinen Krimi beeinflusst haben. Taval und Marianne sind in Kiel in einen Fall gestartet und die Ermittlungen haben sie ziemlich bald nach Berlin geführt. Ich fahre am 6. November 2018 nach Berlin.
Berlin: erste Etappe der Krimi-Noir-Reise-Challenge
Im Vorfeld hatte ich mir überlegt, dass eine Szene am Brandenburger Tor spielen soll. Bei allerschönstem Wetter, trotz November milde 17 Grad und Sonnenschein, flaniere ich durch das Brandenburger Tor, setze mich auf eine Bank und beobachte Menschen. Eine Szene für mein Buch ergibt sich nicht. Die finde ich erst, als ich nochmals durch das Brandenburger Tor Richtung Osten gehe. danach verhole ich mich in die Lobby Bar des Hotel Adlon und schreibe. Auch Marianne und Taval schicke ich in die Lobby Bar.
Dann ist es Zeit für den Talk Noir im Froschkönig in Berlin Neukölln. Die Raucherkneipe erinnert mich an die Kneipe in der ich als Schülerin oft war. Ich bestelle mir ein Alster, kann es auf einen Deckel schreiben lassen und setze mich in den hinteren Teil der Kneipe. Nach und nach treffen die anderen Krimifans ein. Ich werde von Wolfgang Franßen, dem Veranstalter der Krimi-Talks, mit „Oh, ein neues Gesicht begrüßt.“ Man kennt sich hier also.
Sonja Hartl stellt „Die Zügellosen“ vor. Zuerst eine Inhaltsangabe, dann ihre Bewertung. Mir hat das Buch nicht gefallen, vor allem das Ende hat mich nicht überzeugt. Dann stellt Wolfgang Franßen „Nichts ist verloren“ von Chloé Mehdi vor. Das Buch hatte ich noch nicht gelesen, denn es war zu dem Zeitpunkt noch nicht erhältlich. Im Dezember habe ich es gelesen: das beste Buch, das ich im ganzen letzten Jahr gelesen habe.
Zurück zum Talk Noir. Thomas Wörtche stellt „Die Zügellosen“ von Colin Harrison vor. Das Buch finde ich gut geschrieben und sehr unterhaltsam. Ich hatte ja im Vorfeld schon geschrieben, dass ich Anregungen für genaue Figurenzeichnungen aus dem Buch mitnehme. Aus „Die Zügellosen“ wollte ich Marianne ein Ermittlungswerkzeug geben, aber sie hat die Art des Ermittelns als unmoralisch abgelehnt.
Hannover: zweite Etappe der Krimi-Noir-Reise-Challenge
Am nächsten Tag fahre ich nach Hannover. Im Zug schreibe ich, denn in Hannover werde ich meinen Laptop am Bahnhof einschließen. Auch in Hannover ist wunderbares Wetter. Ich gehe zu Fuß vom Bahnhof zur Buchhandlung Mascha Kascha in der am Abend der Talk-Noir stattfinden wird. Auf dem Weg entdecke ich eine Kirchen-Ruine und einen alten Friedhof. Auch Taval musste mit dem Zug fahren, weil er jemanden observiert. Da kann ich den St. Nikolai Friedhof mit der Ruine der St. Nikolai Kapelle gut einbauen.
Ich kehre im 24grad-Café ein und lese „Krumme Type, Krumme Type“ von Tom Franklin fertig. Ein gutes Buch über Freundschaft, schlimme Folgen einer falschen Verdächtigung und dem Schweigen eines Beteiligten. Freundschaft und Schweigen werden in meinem Krimi auch eine Rolle spielen. Selbstverständlich trinken auch Taval und Marianne in diesem Café einen Espresso.
In der Buchhandlung Mascha Kascha begrüßt mich Wolfgang Franßen. Ich hatte am Abend vorher gesagt, dass ich auch nach Hannover komme. Carsten Germis stellt „Krumme Type, krumme Type“ vor. Dazu liest er einen Text aus dem Buch. Das ist anders als in Berlin und gefällt mir gut. Nach jedem vorgestellten Buch wird eine Quizz-Frage gestellt und als Preis gibt es ein Buch aus dem Polar-Verlag. Auch das ist anders als in Berlin.
Wolfgang Franßen stellt „Dodgers“ von Bill Beverly vor. Er hätte das Buch gerne verlegt, denn er hält es für eines der wichtigsten Bücher der letzten Jahre. Ich widerspreche. Das Buch ist nicht schlecht, aber auch nicht besonders. Aus dem Buch hat nichts meinen Krimi beeinflusst. Jedenfalls ist mir nichts bewusst.
Als letztes Buch des Abends stellt Stefan Möller „Blut Salz Wasser“ von Denise Mina vor. Ein guter Krimi aus Schottland über Drogen, Geldwäsche und Alltags-Gewalt. Das Buch habe ich gerne gelesen, auch wenn es mich streckenweise deprimiert hat.
Bremen: dritte Etappe der Krimi-Noir-Reise-Challenge
Eine Woche später fahre ich nach Bremen. Hier trifft sich eine Hand voll Krimifans im Hinterzimmer der Unionbrauerei. Auf bequemen Ledersofas bei gutem Bier führt das zu intensiven Krimigesprächen.
Als erstes stellt Axel Stiehler „Der Abgrund in dir“ von Dennis Lehane vor und liest einen Abschnitt aus dem Krimi. In dem Buch geht es um eine Angststörung und falsche Identitäten. Das Buch hat viele überraschende Wendungen; viele Wendungen möchte ich in meinem Krimi auch haben. Axel Stiehler stellt in Bremen die Quiz-Fragen. Diesmal kann ich eine beantworten und gewinne ein Buch.
Dann liest Anja Goertz aus „Das dunkle Herz der Stadt“ und stellt den Privatermittlerkrimi vor. Ich mag Priavtermittlerkrimis und das Buch habe ich gern gelesen, auch wenn es am Ende zu der typisch amerikanischen Baller-Szene kommt. Inspiriert hat mich das Buch auch. Der Detektiv trinkt nicht einfach nur viel, wie einige Detektive das in Krimis machen, sondern er ist schwerer Alkoholiker. Eine Frau in meinem Krimi habe ich zu einer schweren Alkoholikerin gemacht, was Taval nicht nur vor Probleme bei der Befragung stellt.
Als letztes Buch für diesen Abend stellt Wolfgang Franßen „Stern des Nordens“ von D.B. John vor. Der 544 Seiten Wälzer spielt in Nord-Korea, gibt spannende Einblicke in das Land und hat eine CIA-Super-Heldin als Hauptfigur. Am Ende gibt es dann auch noch eine wunderbar skurrile James Bond ähnliche Szene in einem Zug.
Am nächsten Morgen streife ich durch das neblige Bremen. Mir gefällt der geschichtsträchtige Marktplatz. Das lasse ich Marianne im Krimi sagen. Auf dem Rückweg im Zug schreibe ich, denn mittlerweile hänge ich NaNoWriMo-Wortziel-mäßig ziemlich hinterher. Ich mag gerne lesen und ich lese viel. So viel wie für die Challenge in so kurzer Zeit habe ich lange nicht gelesen. Mein rechtes Auge zuckt in unregelmäßigen Abständen.
Hamburg: vierte und letzte Etappe der Krimi-Noir-Reise-Challenge
Geplant hatte ich den Tag in Hamburg zu verbringen. Ein paar Orte an denen ich Taval ermitteln lassen wollte, hatte ich mir auch überlegt. Nichts davon habe ich gemacht und in Hamburg ermittelt Taval bisher nicht. Wenn ich nicht auf meinem Blog und gegenüber Wolfgang Franßen angekündigt hätte, dass ich nach Hamburg zum Krimi-Talk kommen will, dann wäre ich Zuhause geblieben. Das wäre super schade gewesen, denn ich hätte einen Abend verpasst, der wieder ganz anders war als die anderen.
Noir. Au Bar in Hamburg. Es riecht nach Zigarettenrauch. Das Licht ist schummrig. Privatdetektivin V. I. Warshawski herself, die Barbesitzerin der Bar 439 in Leopardenfellmantel, eröffnet den Abend vor etwa 30 Kriminerds. Die Diskussionen sind lebhaft, kontrovers und fundiert.
Else Laudan stellt den Krimi „Kritische Masse“ von Sara Paretsky vor. Ich liebe diesen Krimi, in dem die Privatdetektivin V.I. Warshawsky ermittelt. Auf Publikumsnachfrage erklärt Else Laudan, was Hardboiled-Krimis ausmacht. Unter anderem dass Stadtpolizisten keine Landpolizisten mögen, und kein Polizist Privatdetektive mmag. Das bringt mich zum Nachdenken. Ich habe gerade Taval gut mit einem Streifenpolizisten zurechtkommen lassen.
Das nächste Buch des Abends ist „Dodgers“. Das stellt wieder Wolfgang Franßen vor. Ich war froh, dass ein Buch doppelt vor kam und ich diesmal zur Vorbereitung weniger lesen musste. Ich hatte mir eine eloquentere Antwort als in Hannover überlegt, warum mir das Buch nicht gefällt. Die Diskussion geht aber vom Publikum aus in eine ganz andere Richtung: die Übersetzung sei nicht gut und man müsse das Original lesen. Neben mir bringt eine Frau den, wie ich finde berechtigten, Einwand, dass das aber nicht jeder könne.
Nach einer Pause stellt Torsten Meinicke „Feinde“ von Susanne Saygin vor. Das Buch findet allgemeine Anerkennung und dann wird das Cover hart diskutiert. Überhaupt sind hier die Bandagen härter als bei den anderen Talks. Auch in Hamburg gibt es ein Quiz nach jedem Buch. Aber hier muss man zwei von drei Fragen richtig beantworten, um ein Buch aus dem ariadne Verlag zu gewinnen.
Und was ist mit dem NaNoWriMo?
Die Krimi-Noir-Reise-Challenge (und auch Lesechallenge) habe ich erfolgreich geschafft. Ich bin froh erstmal nichts mehr lesen zu müssen. Das Gefühl von „Ich will nie mehr lesen“ ist zum Glück zwei Wochen später auch vorbei. Aber: Es war der 22. November und ich hatte erst 21958 Wörter geschrieben (36667Wörter wären zu dem Zeitpunkt das Soll gewesen) und Taval und Marianne hatten auch noch nicht zu Ende ermittelt.
Wir haben es dann gemeinsam geschafft. Ich habe mich geschafft: Nicht nur das rechte Auge hat jetzt häufig gezuckt, auch über dem linken Auge zuckt und schmerzt es. Aber ich kann meine Wortzahl (50127 Wörter) verifizieren. Ich freue mich trotzdem nicht, ich fühle nämlich nichts. Ich mache einen Post auf Twitter und Instagram, dann mache ich eine Woche nichts. Danach fange ich an, mich zu freuen. Ich habe es geschafft!
Meinen nächsten Talk-Noir-Besuch habe ich für den 6. Februar 2019 in Bremen geplant. Jetzt fahre ich aber erstmal mit Taval und Marianne im Gepäck nach Wewelsfleth in Schreibklausur.
2 Antworter auf Gut Ding will Weile haben. Oder wie ich es im November übertrieb. So war mein NaNoWriMo 2018 mit der extra Krimi-Noir-Reise-Challenge