Corona hat unser aller Leben verändert. Ist die logische Konsequenz daraus, dass es auch die Geschichten, die wir schreiben verändern wird? In meinen 33 wöchentlichen Kurzgeschichten ist Corona bisher zwei Mal vorgekommen.
Beim ersten Mal geplant im Frühjahr, denn ich habe eine Kurzgeschichte über eine Killerin, die wegen des Lockdowns nicht arbeiten konnte, geschrieben. Im November hat sich zum ersten Mal der Mund-Nasen-Schutz in eine Kriminalgeschichte mit der Privatdetektivin Minerva Meerkamp geschlichen. Ich hatte das nicht geplant. Die Figuren trugen einfach einen Mund-Nasen-Schutz, hielten Abstand und Minerva traf eine Verdächtige draußen auf einer Bank an der Elbe
Die Frage nach Corona in Geschichten stellt sich natürlich nicht nur mir. Der amerikanische Autor und Schreiblehrer Dean Wesley Smith hat in einem Blogbeitrag gefragt, ob Interesse an einem online Seminar mit dem Titel „How to deal with Covid in your writing“ besteht.
In den Kommentaren zu dem Blogbeitrag gingen die Meinungen über Corona in Geschichten auseinander. Die einen wollten auf keinen Fall etwas über Corona in Geschichten lesen oder schreiben, denn das Lesen und Schreiben bedeutet für sie Flucht aus dem Alltag. Für die anderen war klar, dass wenn sie Geschichten, die in 2020 oder 2021 statt finden, erzählen wollen, Corona in der ein oder anderen Form vorkommen muss.
Ich ordne Fernsehfilme oder Serien beim Sehen mittlerweile automatisch in die Zeit vor 2020 ein, wenn niemand einen Mund-Nasen-Schutz trägt oder sich weigert zu tragen und Corona überhaupt nicht vorkommt. Ohne diese Einordnung würde ich sie einfach unrealistisch finden.
Unsere Lebenswelt ist mittlerweile einfach völlig anders als vor 2020. Natürlich gibt es die Möglichkeit die Geschichten vor 2020 oder nach 2021 zu erzählen. Und damit die Zeit der Pandemie in Geschichten zu beschweigen. Mich würde das allerdings stören. Ich möchte, dass Geschichten über diese Zeit erzählt werden.
Andererseits habe ich auf Katastrophenfilme über die Corona-Pandemie wie „Songbird. Covid Quarantine Thriller Movie“ (Link zum Trailer auf youtube) überhaupt keine Lust und werde auch in Zukunft keine Lust darauf haben. Ich fand aber auch bisher Katastrophenfilme unspannend. Bei Corona kommt dazu, dass mir die Nachrichten reichen, da brauche ich nicht noch einen Katastrophenfilm.
Einen sehr schrägen Umgang mit Corona hat M.J. Edwards mit ihrer Kurzgeschichte „Kissing the Coronavirus“ gefunden. Die Geschichte wird in den Bewertungen auf amazon zerrissen oder gefeiert. Berit Glanz ordnet die Geschichte auf Zeit-online in „eine Reihe erotisch-ironischer Werke aus dem Selfpublishing ein„. Ich finde, die Geschichte ist eine interessante Möglichkeit, um einen entlastenden Umgang mit der uns umgebenden Bedrohung zu finden.
Der Herausgeber und Kritiker Thomas Wörtche hat sich im Crime Mag Gedanken zum „Thriller-Thema Corona“ gemacht. Er hat sich vor einer Lawine an Corona-Thrillern gefürchtet und ist gleichzeitig gespannt, wie Autor*innen mit dem Thema Corona in Kriminalromanen umgehen werden. Die Krimiautorin Simone Buchholz hat auf Zeit-online gefordert, den Kriminalroman angesichts der Corona-Pandemie neu zu erfinden. Wie das aussehen soll, weiß sie auch noch nicht.
Den Kriminalroman neu erfinden werde ich nicht. Ich mag klassische Krimigeschichten. Ich werde Krimis erzählen, die in 2020/2021 spielen und in denen werde ich Corona thematisieren, denn das Virus hat unsere Lebenswelt stark verändert.
Ansonsten werde ich mich auf mein Unterbewusstsein verlassen und schauen, was in meinen Kurzgeschichten zum Thema Corona noch auftauchen wird. Ein Roman oder Krimi, der die Ereignisse der Corona-Pandemie einordnet oder fassbarer macht, kann meiner Meinung nach erst in ein paar Jahren nach der Pandemie entstehen.
Was sagst du, soll Corona in Geschichten vorkommen oder nicht?